[über]förderung?!

wie viel lernen ist sinnvoll?
das bunte leben unserer kinder


tennis, musikkunde, turnen, klarinettenunterricht, schwimmen und kindergarten. zwischendrin noch freunde treffen, verschiedene ärzte oder „therapeuten“ besuchen, fahrradfahren, zahlen und buchstaben üben oder gesellschaftsspiele spielen. 

so schaut sie aus - eine ganz normale woche im leben unseres 5-jährigen sohnes.


du magst uns eltern wahrscheinlich für halbwegs geisteskrank halten, unserem sohn ein solch massives programm aufzuerlegen, aber ich sag‘s mal so: er findet‘s selbst, glaub ich, ganz gut so.



flexibilität im familienalltag


es ist natürlich - wie bei allen dingen im leben - nicht jeder tag wie der andere. in meinem blog-post mental load. hab ich ja schon mal erzählt, dass sooo viele kleinigkeiten einfach unverhofft und dafür auch oft kommen. also, selbst, wenn wir ein fest geplantes wochenprogramm haben, wird dieses immer und immer wieder durch spontane einschubtermine erweitert. das kann dann eine kurze angelegenheit sein können, wie ein friseurbesuch, weil die sicht plötzlich versperrt ist oder auch mal was längeres wie ein kurzfristiger abstecher zum kinderarzt.

wir reden ja grad von meinem sohn. und du weißt ja schon aus
bye bye, kita!, dass mein sohn in seinem 1. jahr nur halbe tage in den kindergarten geht. er ist also immer - entweder vormittags oder nachmittags - zuhause.
nun ist er ein aufgewecktes, sehr neugieriges, wissbegieriges und aktives kind [ich hab’s nochmal viel schöner geschrieben in
du schaffst das!].

er braucht bewegung und frische luft und sucht auch ganz aktiv den weg nach draußen, wann immer das wetter es zulässt. also meistens, denn regen oder schnee laden doch eigentlich nur ein, um sich in matschige pfützen oder frische schneehaufen zu stürzen. er liebt es, mit seinem mountainbike über stock und stein zu rasen, zeit mit seinen freunden zu verbringen und quatsch zu machen.

er war schon als baby nicht so gern mit sich selbst allein [siehe auch
endlich ruhe!] - das hat sich auch bis heute nicht wirklich geändert. er ist unfassbar sozial und geht aktiv in kontakt zu anderen kindern, egal, ob er sie schon kennt oder noch nicht. das ist natürlich unbezahlbar wichtig und schön für seine persönlichkeitsentwicklung und sozialkompetenzen.
trotzdem aber finde - ich ganz persönlich - es auch mega wertvoll, wenn ein kind gut allein sein kann.



von der selbstständigkeit zum bedürfnis nach gesellschaft


ich, als einzelkind, oder auch mein mann [mit einer schwester, die 5 jahre älter ist, als er selbst] und unsere jederzeit voll berufstätigen eltern, waren es als kinder oftmals gar nicht anders gewohnt, als nach dem kindergarten oder der schule allein klarkommen zu müssen.
ok, ich bin oftmals zu meinen urgroßeltern gegangen, bis meine eltern am abend nach hause kamen und manchmal hab ich mich auch mit freunden verabredet. wir hatten einen schönen, großen garten und es gab immer irgendwas zu tun. aber gespielt hab ich die meiste zeit dann doch allein.

ich konnte das gut und hatte, glaub ich, auch nicht das gefühl, irgendwas zu verpassen. da ich es nicht anders kannte und meine freunde ja jeden tag in der schule und ab und zu auch am nachmittag traf, hab ich nix vermisst.

trotzdem kam irgendwann die zeit, zu der meinen eltern auffiel, dass ich vielleicht doch noch einen kleinen ausgleich zu meinen täglichen solo-spieleinheiten brauchte.
ich war einfach aktiv und die möglichkeiten des eigenen zuhauses und der geliebten spiel-, bastel- und malsachen sind nicht unendlich.
wenn dann noch dazukommt, dass man am abend - anstatt, wie von den eltern gewünscht, schön einzuschlafen - noch 5x ins wohnzimmer kommt, weil man einfach überhaupt nicht müde ist. dann, ja dann braucht das kind mehr beschäftigung.


meine suche nach dem richtigen hobby


nun war ich schon immer sportlich, hab gern mit bällen gespielt, bin fahrrad, schlittschuh oder ski gefahren. du erinnerst dich bestimmt an du schaffst das!. da hab ich’s nochmal viel besser beschrieben.

musik war in meiner familie, außer vielleicht das morgendliche radio in der küche, nicht sehr präsent. ein instrument kann bis heute eigentlich niemand spielen und somit war ein besuch der musikschule für mich bei meinen eltern wahrscheinlich nicht wirklich auf dem zettel.

ein sportverein also. ok. aber welcher soll’s denn werden?

nun gut, die möglichkeiten anfang der 90er jahre in unserem ostdeutschen dorf waren dann doch begrenzt. und da ich schon immer ein halber junge war, lag unser lokaler fußballverein nahe. das wär doch was für mich!

und, schwupps, war ich die neue verstärkung im rechten mittelfeld unserer kindermannschaft. meine mannschaftskameraden waren durchgehend jungs. das kam mir aber grad recht so, denn wir spielten manchmal im sportunterricht in der schule fußball und es rollten sich jedes mal meine fußnägel hoch, wenn alle mädels auf einmal kreischend zum ball hin rannten oder sich vor angst die gesichter bedeckten. dass fußball durchaus auch mal härter zugeht, war mir früh bewusst. und die bewegung brauchte ich ja eh - also scheute ich mich auch nicht davor, mal zum ball hin zu rennen oder mich frei zu laufen. natürlich alles im rahmen der intellektuellen verarbeitungsmöglichkeiten einer 6-jährigen.

training war 1x in der woche für 90 minuten und jeden samstagvormittag hatten wir ein spiel gegen eines unserer nachbardörfer. bei jedem wetter. aber das ist ein thema für ein anderes mal.

fußball war cool. aber irgendwie noch nicht genug. der unterricht in der 1. klasse war immer recht früh beendet und hausaufgaben hielten sich in überschaubaren grenzen. ich hatte also immer noch zu viel freizeit.



meine neue leidenschaft für eine alte kunst


doch dann kam die lösung von ganz allein.

eine gleichaltrige freundin von mir erzählte uns, dass sie seit einiger zeit was total cooles machte. ich solle doch auch mal mitkommen. wovon sie sprach und was sie erzählte - ich konnte damals nicht wirklich was damit anfangen. der sport, denn sie machte, sagte mir nix.

neugierig war ich aber schon immer und meine eltern hielten es für eine super idee, dass ich doch auch mal mit vorbeischaue. vielleicht könnte ich dann was gemeinsames mit meiner freundin machen und gleichzeitig endlich meine energie nachhaltig loswerden.

mein 1. besuch im verein war super und mein start in was ganz großes. 2x pro woche training à 90 minuten. tip top! meine eltern meldeten mich an.

ich ging nun ins karate-training.
und ich hab’s geliebt.

ganze 9 jahre, zahlreiche gürtelprüfungen und veranstaltungen später, musste ich es leider wieder aufgeben, weil meine die anforderungen an mich auf dem gymnasium nun um einiges angezogen hatten, im vergleich zur 1. klasse. meine hausaufgaben und lernaufwand wurden mehr, meine freizeit hingegen weniger.

es half nichts, ich musste mein dojo mit 15 jahren schweren herzens verlassen.



prägende jahre


meinen geliebten fußball hab ich bereits einige jahre zuvor aufgegeben, da es damals die regel gab, dass mädchen nur bis zum 10. geburtstag mit jungs zusammenspielen dürfen. ab 10 hätte ich in eine mädchenmannschaft gemusst, doch leider gab es in unserer gegend keine. und so richtig viel lust auf fußballspielen mit mädchen hatte ich ja sowieso nicht, wie du schon weißt.

heute, gut 21 jahre nach meinem letzten karate-training, hab ich immer noch so gute und schöne erinnerungen an diese zeit. was ich durch diesen sport, diese kampfkunst, über mich selbst und den umgang mit anderen - insbesondere in konfliktsituationen - gelernt hab, hilft mir noch heute.
ich müsste mich in den entsprechenden momenten vielleicht öfter dran erinnern.


neue alte wege für die nächste generation


nun stehen mein mann und ich vor den gleichen herausforderungen und entscheidungen für unsere eigenen kinder, wie meine eltern damals mit mir.

unser sohn braucht bewegung - das ist ganz klar. aber intellektuell unterfordern wollen wir ihn natürlich auch nicht. und die musikalischen karten liegen bei uns auch ein wenig anders, als in meiner familie. mein mann spielt mehrere instrumente und das angebot der musikschule unseres dorfes ist wirklich prima. also - musikunterricht wird es auf jeden fall werden. am liebsten irgendein instrument.

wir informierten uns, als er im letzten sommer seine zeit im kindergarten [
bye bye, kita!] startete. kindergärtler haben ab ihrem 5. lebensjahr die möglichkeit, eine xs-klarinette im einzelunterricht zu erlernen.

unser sohn fand das eine klasse idee, also meldeten wir ihn für den unterricht an.



musik und bewegung im einklang mit lokaler tradition


sport darf natürlich auch nicht zu kurz kommen. wir fragten ihn, was er denn gern machen würde. und seine antwort kam ohne zögern - aus einem ganz einfachen grund: ich hab doch in der mama-effekt oder aus und vorbei. schonmal erzählt, dass wir ab dem frühling immer ein ganz großes trampolin im garten stehen haben. unser sohn liebt es - genau wie alle anderen kinder aus der nachbarschaft.

und was die da alle für kunststücke darauf fabrizieren, ist der hit. salti vorwärts, backflips, auf den rücken fallen, wieder aufstehen. was weiß ich, wie die ganzen tricks heißen.

alles, was wir wissen müssen: die meisten unserer nachbarskinder turnen in unserem lokalen turnverein. der turnverein ist der größte verein unserer community. bist du dort mitglied, bist du teil einer ganz schönen und großen familie. was kann es denn schöneres geben!? und was für ein glück: ab dem kindergarten dürfen die kinder zum kinderturnen gehen. bleiben sie dran und jedes jahr wieder dabei, dürfen sie ab der 1. schulklasse dann ins geräteturnen aufsteigen. und dort, ja dort lernen sie dann all die faszinierenden tricks, von denen ich nur träumen kann.

und genau das ist natürlich das große ziel unseres sohnes. er will backflips machen. also darf er natürlich ganz selbstverständlich seit letztem sommer ins turnen gehen. und was soll ich sagen? er liebt es. und er bleibt dabei.

nun ist es so, dass das turnen und der klarinettenunterricht auf den gleichen nachmittag fallen. wir können also mit ein wenig logistik alles recht problemlos möglich machen, ohne, dass für unseren sohn irgendeine art stress entsteht. mittlerweile sind wir so gut eingespielt - jeder weiß, wann er wo sein muss und alles klappt wunderbar.


frühe sicherheit und freude im kühlen nass


bleiben uns noch 4 weitere tage, an denen er noch nicht so viel zu tun hat.

ich weiß nicht, wie es euch geht, aber was wir als eltern wirklich unglaublich wichtig finden, ist, dass unsere kinder schwimmen lernen. und das so früh wie möglich. wir leben hier in der schweiz in der nähe von 2 größeren seen [
die schweiz. ein leben wert?] und gehen auch regelmäßig ins schwimmbad.
und sicher schauen wir so gut es geht auf unsere kinder, aber, wenn sie selbst und sicher schwimmen können, gehen auch wir als eltern beruhigter in unseren familiennachmittag am see.

zum schwimmunterricht geht unser sohn also bereits seit kurz nach seinem 2. geburtstag. er fängt 1 kurs an, beendet diesen und beginnt dann nach einer kleinen pause den nächsten. wasser ist sein element - da fühlt er sich einfach wohl und das lernen und üben macht ihm spaß. gut, dass sein aktueller schwimmkurs auf einen noch freien nachmittag fällt.



gemeinsame zeit auf dem center court


nun hörten wir vor kurzem, dass eine befreundete mama aus unserem kindergarten eine bambini-tennis-gruppe im nachbarort leitet. da mein mann und ich selbst gern mal die schläger schwingen, wär’s natürlich richtig schön, wenn unsere kinder uns dahin auch mal begleiten könnten.

unserem sohn gefiel die idee, mal bei einem training vorbeizuschauen, um einfach mal zu sehen, was da so los ist. gesagt, getan. und er fand es klasse. und das allerbeste ist: er kann das alles mit seinem papa oder mir zusammen machen, denn beim kurs ist für jedes kind jeweils 1 elternteil dabei. win win für uns alle also. sport, auspowern und ganz viel gemeinsame zeit für uns.

wir hatten glück und es wurde kurzfristig 1 platz für uns frei. training ist 2x pro woche für jeweils 2 stunden. wie damals bei mir im karate. tip top.



entwicklung ist teamarbeit


wir wissen ganz klar, dass unser sohn viel zu tun hat und die woche doch nur 7 tage lang dauert. aber wir sind ja keine unmenschen. und wir entscheiden auch nix über seinen kopf hinweg. alle seine aktivitäten und beschäftigungen werden angemeldet in  gemeinsamer absprache mit ihm. sollte er unter irgendeiner belastung wahnsinnig leiden und etwas wirklich absolut nicht mehr machen wollen, dann werden wir die situation anschauen und auch da gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen soll. und, was uns ganz wichtig ist: er wird immer auch noch zeit für seine freunde und gemeinsames spielen haben.  

trotzdem: unsere kinder - aktuell unser sohn, aber in nicht allzuweit entfernter zukunft dann auch unsere tochter - sollen nicht den eindruck bekommen, dass sie alles anfangen und wieder abbrechen können, wie es ihnen beliebt. so funktioniert das leben leider nicht. und das dürfen sie gern schon früh lernen. dazu stehen wir ganz selbstbewusst. sie dürfen schnuppern und ausprobieren, aber wenn sie sich 1x für etwas fest entscheiden, dann wird es auch durchgezogen, wenn die lust mal nicht so groß ist oder die hürden höher werden.

vielleicht sind wir damit ein bisschen altmodisch unterwegs. aber vielleicht auch nicht. es ist doch mit sport, musik oder kunst das gleiche, wie in so vielen anderen situationen des lebens. sie werden so oft in die schule gehen mit absolut 0 bock, weil sie schon am morgen wissen, dass wieder irgendein langweiliges thema auf sie wartet. so ging es uns doch selbst auch unzählige male, als wir noch zur schule gingen, oder!? also mir schon …

wir sind uns sicher: unsere kinder werden mit jeder erfahrung stärker. mit jederm überwundenen motivationstief stolzer und mit jeder neu gelernten note oder erfolgreich geschlagenen rückhand selbstbewusster. und, so lange sie dabei glücklich sind, kann es doch so falsch nicht sein.

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