eine geburt ohne baby

jede 3. bis 4. schwangerschaft endet in einer fehlgeburt. unglaublich! das kann doch nicht sein! zumindest dachte ich das immer. es spricht ja kaum jemand drüber. 
in meinem freundes- und bekanntenkreis gibt es nicht mal eine hand voll leute, von denen ich weiß, dass sie mal ein baby verloren haben. 

und nun?


mein 2. vorname ist "ungeduld"


ihr erinnert euch sicher noch daran, dass ich euch vor kurzem erzählt hab, wie ungeduldig ich auf meine erste untersuchung beim frauenarzt hinfieberte. wenn ihr es nicht mehr wisst, schaut euch "keine zeit zum warten" nochmal an!

ich konnte es natürlich nicht abwarten - war ja klar.
eine woche vor meinem eigentlichen termin rief ich in der praxis an und fragte, ob ich nicht vielleicht schon früher kommen könnte. ich traf auf verständnis und offene ohren und konnte noch am selben tag vorbeischauen. puh, darüber war ich echt froh.



manchmal sollte ich doch auf meinen mann hören


ich befand mich zu dem zeitpunkt in schwangerschaftswoche 7 [6+4]. ok, das müsste klar gehen - in meinen ersten beiden schwangerschaften hatte ich zu diesem zeitpunkt jeweils schon ein kleines weißes pünktchen und ein schnell pochendes herzchen sehen können. und dieses mal?
ja - dieses mal sah ich eine kleine schwarze fruchtblase. mit nix drin. das gibt’s doch nicht. das kann doch nicht sein! ich ahnte schon schlimmes. fühlte sich doch von anfang an einfach alles so anders an, als sonst. 

mein arzt hielt den ball noch flach. vielleicht war der eisprung später als sonst. vielleicht war es einfach noch zu früh zum schauen. vielleicht dies. vielleicht das. warten wir doch einfach nochmal 10 - 14 tage ab und sehen dann nochmal nach. nicht sein ernst! nooochmal warten!

als ich die praxis verlies, rief ich meinen mann an und erzählte ihm, dass er recht hatte. er riet mir nämlich, ich solle mich ablenken und die eine woche bis zu meinem eigentlichen termin noch abwarten. er konnte sich dann ein kleines feixen nicht verkneifen, als er hörte, dass es noch nix zu sehen gab. er kennt mich so gut und wusste daher, wie sehr ich mich über meine ungeduld ärgerte. 


schlechtes gefühl - schlechte nachrichten?


in den nächsten tagen schaute ich bei gelegenheit immer mal wieder in den spiegel und konnte es fast nicht fassen, dass mein bauch nicht wachsen wollte. in der schwangerschaft mit meiner tochter [meine 2. schwangerschaft] musste ich in der 9. woche auf umstandsjeans umsteigen, weil sonst kein knopf mehr zuging. 


aber auch hierfür hatte mein mann eine beruhigende vermutung: ich bin dieses mal einfach körperlich viel fitter, als in den schwangerschaften zuvor. ich habe in letzter zeit viel sport gemacht und bin auch sonst - aufgrund meiner 2 kleinen kinder - ständig auf den beinen. vielleicht reagiert mein körper dieses mal einfach später auf die schwangerschaft. wer weiß!? 


am tag meiner nächsten untersuchung waren grad freunde von uns deutschland zu besuch in der schweiz. wir hatten uns für den vormittag zum skifahren verabredet.



ski-schock


mir ist durchaus bewusst, dass abfahrts-skifahren in der schwangerschaft zu den risikosportarten gehört, aber ich hab mich so fit gefühlt und dachte mir, dass 2 - 3 vorsichtige abfahrten sicher keinen schaden anrichten würden.

alles klappte gut, ich hatte viel spaß beim fahren und nach 4 abfahrten hörte ich dann auf. es hatte schon ein paar tage keinen neuschnee mehr gegeben und die pistenbeschaffenheit war nicht mehr wirklich die beste. teilweise sah der hang schon ein wenig wie umgepflügtes ackerland aus - ganz braun und huckelig.

wir setzten uns zum aufwärmen und mittagessen in der kleinen, gemütlichen berghütte zusammen und genossen unser wohlverdientes mahl. ich dachte kaum daran, was mich am nachmittag in der arztpraxis erwarten würde - die ablenkung tat wirklich gut. aber das sollte sich bald ändern. bevor wir wieder zurück nach hause aufbrachen, ging ich noch einmal in richtung toilette. blut. warum war da plötzlich blut? schei**! so eine schei**! ich konnte es nicht fassen! in keiner meiner bisherigen schwangerschaften hatte ich zwischenblutungen oder blutungen sonstiger art. kein einziges mal. dieses mal war einfach alles anders. naja, gut - das kann ja sein. 


ich versuchte, mich nicht verrückt zu machen und hoffte, dass ich bald zuhause die tür hinter mir schließen und nachschauen konnte, ob es sicher verschlimmert hatte. 

nein. es war nicht mehr geworden. 

gut. dann wird es schon nix schlimmes gewesen sein. sicher hatte ich mich beim skifahren ein wenig zu sehr belastet. mann mann mann - das hätt ich echt besser wissen müssen!



endlich erlösung


ich legte mich noch eine stunde in ruhe hin, bevor ich zu meinen lang ersehnten 2. ultraschalltermin aufbrach. ich fuhr extra 10 minuten früher los - vielleicht konnte ich ja eher dran kommen. denkste! an diesem tag musste mein frauenarzt noch schnell zu einem notfall in die klinik und ich musste 20 minuten warten. ich rutschte von einer backe auf die andere und hatte vor lauter nervosität feuchte hände. so eine aufregung.

als mein arzt mich endlich empfangen konnte, erzählte ich ihm, was mir am mittag passiert war und wie sehr ich mir sorgen machte, dass das skifahren irgendwas zerstört hatte. er beruhigte mich und meinte, wir sollten doch einfach mal nachschauen. das display des ultraschallcomputers erleuchtete und wir begaben uns auf die suche nach der fruchtblase. da war sie! ganz schwarz und … warum war sie immer noch so klein? mir drehte sich der magen um und mir lief direkt ein tranchen die wange runter. ich wusste es! ich hatte es von anfang an gefühlt! 

aber da! ein kleiner weißer punkt war zu sehen.
 
puh! ok - alles gut. aber warum war alles nur so klein? bei meinen anderen beiden kindern war die schwarze fläche in dieser woche doch schon viiiel größer. 
mein arzt legte das maß an und schaute mich mit kleinen augen an.

 
"ich will ehrlich mit ihnen sein - das schaut nicht gut aus. 3 mm wachstum. das passiert eigentlich in ungefähr 3 tagen. wir haben das letzte mal vor 10 tagen geschaut. das sieht einfach nicht gut aus. es wächst nicht." 



meine intuition enttäuscht mich nicht


ich weinte einfach nur noch. ich konnte nur noch weinen. eine fehlgeburt. mein gott - ich hoffte immer, ich müsste das nie erleben. mein körper hatte doch auf die ersten beiden schwangerschaften so gut angesprochen. meine zwei riesenbabies gemeistert wie ein champion. ohne probleme. und nun das!

mein arzt erzählte mir von den möglichkeiten, die ich nun hätte, die schwangerschaft aus meinem körper zu bekommen. entweder die natur regelt es oder ich könnte mich in einem operativen eingriff ausschaben lassen. wunderschön! ich kann mir nix besseres vorstellen! ich konnte gar nicht richtig denken und wollte nur noch nach hause. ich bat um bedenkzeit und verlies die praxis. 

im auto rief ich sofort meinen mann an, der schockiert reagierte. er hatte doch auch nur das beste gehofft und bestätigte, dass meine intuition, mein gefühl, mich von anfang an nicht getäuscht hatte.



warten auf die geburt


von nun an drückte ich jeden tag die daumen und hoffte, dass die natur alles in die wege leiten und den für meinen körper gesünderen weg wählen würde. nach 3 tagen war es so weit. ich musste vom frühstückstisch aufstehen, weil meine plötzlichen unterleibskrämpfe es mir nicht mehr möglich machten, zu sitzen. von da an verbrachte ich die nächsten stunden im badezimmer.
 
aufgrund meiner beiden kaiserschnittgeburten kannte ich bisher nur leichte wehen - nicht jede, die das kind letzenendes aus dem körper austreiben. doch nun kamen sie. in regelmäßigen wellen. erst wusste ich gar nicht, was ich tun sollte, doch dann fing ich an, sie irgendwie “weg zu atmen”. jede einzelne. stück für stück.



ein albtraum in 3 Akten


da hockte ich nun. ganz allein auf unserem badezimmerboden. die schmerzen wurden so stark - ich dachte, ich würde jeden moment das bewusstsein verlieren und rief meinen mann, der sich um unsere beiden kinder kümmerte. wir entschieden, dass wir eine freundin anrufen würden, um sie darum zu bitten, mit den kindern zu helfen. sie fuhr sofort los und war eine viertel stunde später da. so ein glück! also konnte ich mich ganz auf mich selbst konzentrieren.

nach 4 stunden war das schlimmste überstanden, der größte teil der schwangerschaft hatte meinen körper verlassen und die krämpfe ließen nach. ich legte mich ins bett und genoss einen tag nur mit mir selbst. ich dachte viel nach. nun hatte ich meine erste natürliche geburt hinter mir. eine geburt ohne baby.



es tut weh - egal, wann es passiert


ich hab das alles gut weggesteckt. ich war stark und ich bin es immer noch. ich weiß, es war noch sehr früh in der schwangerschaft, aber nichtsdestotrotz war es schmerzhaft. wir haben uns auf unser 3. kind gefreut. es hat alles sooo gut geklappt. unsere kinder hätten alle 3 den genau gleichen altersunterschied gehabt. mein körper ist einfach eine maschine!

ich schreibe diese zeilen am tag nach meiner fehlgeburt. erst nächste woche gehe ich wieder zu meinem frauenarzt, um nachzusehen, ob mein körper wieder “rein” ist oder ob noch rückstände meiner schwangerschaft zu sehen sind.



wir reden - und das ist gut so


ich hab gehofft, niemals eine fehlgeburt erleben zu müssen. aber das hat leider nicht geklappt. ich weiß, es gibt ganz schlimme schicksale, die zu viel weiter fortgeschrittenen zeitpunkten einer schwangerschaft passieren können und die manche menschen auch ertragen müssen. trotzdem ist es auch für mich schlimm. aber trotzdem - eine sache hilft mir ganz besonders: mein mann und ich haben uns schon während meiner ersten schwangerschaft darüber unterhalten, wie wir damit umgehen wollen, wenn uns mal etwas derartiges passiert.
 
natürlich kann man nie voraussehen, was in unserem individuellen fall passieren wird und jede schwangerschaft ist einfach auch anders. nichts desto trotz haben wir entschieden, dankbar zu sein, sollten wir einen schwangerschaftsabbruch in einem frühen stadium erleiden. wir glauben fest daran, dass unser winziges baby sich selbst und uns vor noch größerem schmerz und leid beschützen wollte. irgendetwas mit unserem baby war nicht in ordnung und die natur hat entschieden, uns alle nicht noch mehr leiden zu lassen. 

wir werden es niemals erfahren oder genau wissen, warum es nicht geklappt hat, aber wir schauen nach vorn und nicht zurück. irgendwann wird alles einen sinn ergeben.

5 Replies to “eine geburt ohne baby”

  1. Liebe Franzi

    Das alles tut mir so unendlich leid. Ich fühle mit Dir, weil ich das Schicksal teile.

    Warum – wieso – weshalb alles so gekommen ist, weiß keiner. Aber ich bin überzeugt davon, dass alles hat einen Sinn im Leben hat. Auch wenn wir oft nicht wissen, wie dieser wohl ist.

    In Gedanken bei Dir….
    Andrea

    1. liebe andrea,

      danke für deine herzlichen, mitfühlenden worte.

      ich glaub, ich hab meine fehlgeburt mittlerweile ganz gut verarbeitet und als teil meiner geschichte akzeptiert. sie gehört zu mir, wie meine beiden gesunden kinder, für die ich dadurch nur noch dankbarer wurde und jeden tag bin.

      wir sind tatsächlich auch der festen überzeugung, dass die natur den für sie richtigen weg wählt. wenn das bedeutet, dass mit meinem baby etwas nicht stimmt, dann ist das für mich wahnsinnig schmerzhaft, aber ich glaub fest daran, dass es seinen sinn hat. und: nach jedem regen scheint doch irgendwann wieder die sonne. genau wie auch bei dir. und das macht auch mir mut. 🙂

      fühl dich umarmt!

      franzi

  2. liebe Franzi
    leider kenne ich das Gefühl genau. vor meinem 3. kind hatte ich 2 fehlbeburten, eine davon mit auskratzen wie man hier so schön sagt, das war heftig.
    jetzt sitzen wir seit 9 jähren zu 5 am Tisch und so traurig es ist, denke ich immer, wir hätte nicht IHN, wäre das damals nicht passiert. alles hat seinen Grund.
    sei umarmt
    anna

    1. liebe anna!

      hab ganz lieben dank für deine offenheit. das find ich richtig toll!
      und genau solche geschichten, wie deine, oder die, von unzähligen anderen frauen, lassen mich immer wieder nur staunen: wie viel können wir eigentlich ertragen? das ist doch unglaublich, dass unsere seele und unser herz all das stemmen kann! ich mein, selbst, wenn man ein gesundes kind zur welt bringt, ist das doch schon unglaublich welterschütternd und überfordert emotional total. manchmal ist es ein richtiges trauma, was dich lange zeit begleitet. so war’s zumindest bei mir. aber ein kind zu verlieren – wahnsinn, wie wir sowas ertragen und uns trotzdem dafür entscheiden, den weg nochmal zu gehen. richtig stark sind wir alle!

      ganz liebe grüße an dich und deine wundervolle familie!

  3. Liebe Franzi,
    das tut mir unglaublich leid… beim lesen kullerten auch bei mir ein paar Tränchen…
    Viel Kraft für euch! Alles hat irgendwo einen Sinn, auch wenn es uns erst einmal nicht hilft 😕

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