aus und vorbei.

wenn ein konflikt der kinder die eltern spaltet

umgang mit den 1. emotionen des lebens


dass die kleinen sich mal streiten, joa mei, das weiß doch jedes kind. dass es kinder gibt, die im affekt auch mal schubsen, beißen, brüllen oder was kaputt machen - ist nicht schön, aber auch die gibt’s.
ganz besonders schwierig wird es für sie dann, wenn das kleine kinderhirn gerade fest damit beschäftigt ist, die ersten emotionen des jungen lebens zuzulassen und einzuordnen.

der eine kann damit besser umgehen, der andere nicht ganz so.

natürlich ist das bei meinen kindern nicht anders.



die entspannte tochter und der emotionale sohn


meine tochter [2,5] ist bisher mit einem eher gechillten charakter gesegnet. mein sohn [fast 5] hingegen, hat schon mehr mit seinen gefühlen zu kämpfen.

meine hebamme, die mich während meiner 1. schwangerschaft in deutschland betreute, meinte irgendwann mal zu mir: “franzi, mach dir das leben nicht so schwer. beleg dich nicht mit vorwürfen. beim 1. kind macht man so vieles anders, als man es beim 2. oder 3. machen würde. das 1. kind ist dein übungskind.”

oh weh, klingt das schlimm. ich will ja kein übungskind haben, sondern ein richtiges. eines, aus dem mal was tolles wird, wenn er groß ist. ich will doch schon bei ihm alles richtig machen - und das von anfang an.

aber hat sie nicht auch recht?



vom unwissen des elternseins


woher soll man denn alles wissen, wenn man noch nie zuvor ein kind hatte, um das man sich kümmern musste? ich hatte ja nun auch keine kleinen geschwister, auf die ich ständig aufpassen musste - also, wie sollte ich’s denn lernen?
 
ok, gut - ich war oft bei freunden zu besuch, die bereits kinder hatten. aber das ist ja dann immer die angenehme situation, in der man einfach nach hause geht, wenn es anstrengend oder unangenehm wird und sich denkt: “das mach ich aber mal anders, wenn ich selber kinder hab.”

ich kann ja in keine andere familie wirklich reingucken, seh immer nur ausschnitte aus deren alltag. was weiß denn ich, wie es sich anfühlt, rund um die uhr mit dieser verantwortung betraut zu sein? woher soll ich denn wissen, was abgeht, wenn ich nach hause geh und sie die tür hinter sich zu machen? oder woher soll ich denn all die kleinen und großen herausforderungen des alltags kennen, wenn’s mal stressig, hektisch oder laut wird?

eben. gar nicht.



lernen durch erfahrung


wir lernen, sobald wir es müssen. wir lernen, eltern zu sein, sobald unsere kinder das licht der welt erblicken. alles zuvor sind subjektive erzählungen von menschen, die schon da sind, wo wir noch hinkommen [wollen | werden | müssen | dürfen].

und selbst dann werden wir unsere ganz eigenen, persönlichen erfahrungen machen. mit unseren kindern. kindern, die einmalig sind - die es kein zweites mal gibt.

das gilt für alle bereiche des lebens. eben auch für emotionen und konflikte.



geschwisterdynamik im mutterleib


nun haben mein mann und ich einen aktiven, sehr sensiblen und emotionalen jungen und ein ruhiges, selbstgenügsames, fröhliches mädchen.

bei unserer tochter sag ich immer, dass sie bereits bei mir im bauch abgehärtet wurde. sie hatte dann bereits einen kleinen bruder, mit dem ich viel durch den garten getigert bin und auch mal geschimpft hab.

diese chance hatte unser sohn von vornherein nicht. während der schwangerschaft mit ihm, hab ich auf alles mögliche geachtet und drauf geschaut, nicht zu viel lärm zuzulassen, nicht allzu viel zu unternehmen und mir viel ruhe zu gönnen. er hatte in meinem bauch das paradies auf erden. oder vielleicht doch nicht!?
er war ja mein “übungskind”. ich wusste es nicht besser.

als beide geboren waren, erkannten wir sofort unterschiede: fing unser sohn sofort an zu weinen, als ich mich nur kurz aus seiner hör- und sichtweite entfernte, so verbrachte unsere tochter von anfang an stunden im laufgitter, ohne, dass ich das gefühl hatte, es würde ihr was fehlen.
unser sohn erschrak sich, sobald mein mann oder ich niesen mussten - unsere tochter interessierte das überhaupt nicht.



jedes kind ist einzigartig


natürlich haben sich viele empfindungen bis heute wieder verschoben oder sind gar verflogen, aber manches bleibt doch eben gleich: jedes kind ist anders. jedes kind braucht andere zuwendung und betreuung.

das wissen ja eigentlich alle eltern. und, wenn man sich dann als familie, freunde, bekannte oder nachbarn nahe - oder zumindest näher - steht, verbringt man ja auch mal eine gewisse zeit mit den kindern der anderen und lernt diese kennen. wie ich bereits ganz am anfang erzählt hab, sehen wir einen kleinen ausschnitt vom alltag der anderen familie und können uns im anschluss an ein treffen dann zuhause ein urteil drüber bilden, wie wir das alles finden - oder es auch lassen.



ein paradies für die kleinen - herausforderungen für die eltern


bei uns ist es so - das hab ich auch in die schweiz. ein leben wert? schonmal näher beschrieben - dass wir ja wirklich schön wohnen. in einer gemeinschaft mit vielen anderen generationen und familien. in unserem “garten für alle” gibt es für die kinder einen schönen spielplatz mit klettermöglichkeiten, rutsche, sandkasten und und und.

ab ostern dann baut unsere hausgesellschaft für alle kinder zudem noch ein trampolin auf die grüne wiese. darauf können dann alle hüpfen bis es wieder kühler und langsam unangenehm kühl wird im herbst.

nun hab ich ja schon erzählt, dass mein junge durchaus mal impulsiv auf ihn überfordernde situationen reagieren kann. dazu braucht es auch manchmal gar nicht viel. da können ein paar worte und ein böser blick ausreichen und er schubst mal ein anderes kind. es ist für ihn einfach eine ganz subjektive wahrnehmung.


 

wenn’s unangenehm wird


in dem betreffenden moment ist das für mich als mama natürlich meeega unangenehm. ich weiß doch, was für ein toller junge er eigentlich ist und dass ihm jetzt irgendwas einfach zu viel ist. und auch für ihn ist es mir unangenehm - denn jeder kann ihm sofort in den augen ansehen, dass er weiß, dass da grad was falsch gelaufen ist oder er jemandem weh getan hat. es tut ihm leid. aber er kann eben im moment auch noch nicht so richtig raus aus seiner haut. und seinen empfindungen.

letzten frühling nun war das trampolin bereits aufgebaut und mein sohn ging mit seiner 1-jahr jüngeren nachbars-freundin darauf hüpfen. die beiden verstehen sich prächtig und somit sagte ich zu ihrer mama, dass ich ganz fix einkaufen geh und danach mit da sein werd.

nach 10 minuten - ich war noch nicht mal im laden - rief sie mich an und meinte, es gab einen zwischenfall.

what?! oh nein!



jetzt ist fingerspitzengefühl gefragt


ich wendete im nächsten kreisverkehr und fuhr zurück.
als ich im garten ankam, weinten 2 kinder. das mädchen und mein sohn.

was war passiert?

die mama des mädchens erzählte, dass sie wunderbar zusammen gespielt hätten, doch plötzlich wäre bei meinem sohn der schalter umgeschlagen und er begann, das mädchen zu schubsen. als sie begann, zu weinen und er nicht aufhörte, schritt die mama ein. doch meinen sohn überforderte das so sehr, dass er sie in den arm biss.

oh no! das kann doch nicht sein!

ich konnte es nicht glauben und schaute sofort nach meinem sohn. ich wusste ganz genau, dass ich jetzt ganz vorsichtig sein müsse mit allem, was ich zu ihm sage. das hatten wir ja schon bei unserem letzten besuch bei der elternberatung unserer lokalen
spitex [siehe auch der mama-effekt] gelernt.


auf der suche nach den gründen kindlichen verhaltens


sein verhalten ist total normal für einen jungen seines alters - seine emotionen bauen sich grad auf und er versucht, sie einzuordnen und mit ihnen in einer ertragbaren art und weise umzugehen.
dass ich nur unnötig öl ins feuer seiner bereits vorhandenen schuldgefühle gießen würde, wenn ich jetzt schimpfe, war mir klar. also: ich möchte verständnis zeigen und von ihm hören, ob er mir sagen kann, was passiert ist und warum.



verständnisvoll - wenn mamas gemeinsam nach lösungen suchen


die mama des betroffenen kindes ist lehrerin. sie kennt viele kinder und sieht jeden tag, wie wundervoll sie sein können und auch, was passiert, wenn die zeiten mal nicht so wundervoll sind.

sie zeigte meinem sohn und mir gegenüber sofort verständnis und belegte uns zu keiner zeit mit vorwürfen.
da wir uns als mamas und frauen auch ohne unsere kinder gut verstehen, trafen wir uns ein paar tage später nochmal in ruhe bei einem kaffee in ruhiger atmosphäre und sprachen über den vorfall von früher. es war uns wichtig, jegliche gefühle des unwohlseins aus dem weg zu schaffen und nach vorn zu schauen.

natürlich erwähnte sie, dass sie nicht möchte, dass ihre tochter weiterhin verletzt wird für eigentlich nichts. sie hatte ja nichts falsch gemacht. ich versteh das total. ich will auch nicht, dass meinem sohn wehgetan wird. wer will das schon für sein kind!?



versöhnung und neuanfang


es ist total blöd für mich, dass ich so ein gespräch führen muss, aber weißt du was? es war wchtig. und richtig so. es tat gut. am ende nahmen wir uns in den arm und machten nochmal ganz klar, dass ich vielleicht ab sofort und von zeit zu zeit unterstützend beim spielen dabei sein werde, aber der vorfall keineswegs zwischen uns stehen wird. wir sind erwachsen und wissen beide, dass wir alles dafür geben, unseren kindern einen guten weg in ihre zukunft zu ebnen und nur das beste für sie wollen.

und genauso ist es auch.

heute spielen die beiden wieder, als wär nie was gewesen. niemand hat angst vor dem anderen, und, wenn wir eltern glauben, es wird zu viel für einen der beiden, dann verabschieden wir uns und machen was anderes. so läuft’s super. und ist für alle total ok.

aber es kann leider auch anders laufen. das musste ich vor kurzem schmerzhaft lernen.



der zerrissene pullover und die unerzählte geschichte


mein sohn war nach dem kindergarten noch spontan zum spielen bei seinem freund. am nachmittag dann liefen sie gemeinsam in richtung unserer wohnung - sein freund, die mama des freundes und mein sohn.

schon bevor sie an unserem haus ankamen, hörte ich meinen sohn bitterlich weinen. als sie in der wohnung ankamen, sah ich ebenfalls, dass sein pullover zerrissen war und fragte natürlich sofort, was passiert war. ich dachte, er wäre gestürzt oder irgendwie sowas.

aber nein, es war alles ganz anders.



konfrontation auf dem heimweg


ungefähr an der hälfte unseres schön von der strasse abgegrenzten fußgänger- und radwegs lungerten 3 jungs herum, die sich an diesem nachmittag etwas mehr zeit ließen, um nach hause zu kommen. sie kannten meinen sohn und seinen freund aus dem kindergarten. mit einem von ihnen war er sogar recht gut befreundet. sie trafen sich bis dato immermal zum spielen.

“hey, du kacki! hau ab, wir wollen dich hier nicht!”

hä!?

vielleicht war es für die jungs ein dummer spaß, vielleicht war es aber auch bitterer ernst. für mich selbst und meinen mann kann ich nur sagen: bei sowas hört bei uns der spaß auf.

dabei haben wir schon einige dieser momente erleben müssen, in denen eben diese jungs auf dem weg zur schule vor unserem sohn davon laufen, wenn sie ihn sehen und rufen: “oh nein, er kommt. schnell weg!"



die macht der sprache


ich mein, wir waren beide auch mal jung und in der schule. wir wissen, was man sich da schnell mal an den kopf wirft. wie schnell was blödes gesagt ist, ob es so gemeint war oder nicht.
wir wissen aber auch, wie traurig es jemanden tief innen drin macht, sowas hören zu müssen.

worte verletzen. 


besonders die kleinen herzen und seelen unserer kinder, die grad noch dabei sind, ihren platz in unserer gesellschaft zu finden, ihren selbstwert aufzubauen.

und, ja, unser sohn ist auch nicht immer ein engel.
ABER: wir arbeiten aktiv daran, seinen selbstwert aufzubauen und ihm zu helfen, nicht alles persönlich zu nehmen, was ihm entgegenweht.


stärkung von innen heraus


wir suchen auch externe untersützung, stehen in engem kontakt mit den kindergartenlehrerinnen unseres sohnes und besuchen mit ihm eine kinesiologin, die ihn spielerisch von innen heraus stärkt und ihm aufzeigt, wie wertvoll er ist.

ebenso bringen wir ihm bei, niemandem etwas anzutun, von dem er nicht möchte, dass es ihm selbst passiert. wir kennen’s doch alle:

was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

auf der suche nach konfliktlösung


in besagtem “wir wollen dich hier nicht-fall” schritt sofort unsere befreundete mutter ein und ermahnte die jungs, so einen quatsch nicht zu sagen. dafür war ich sehr dankbar. die jungs hielten danach ihren mund.

ich hatte aber tatsächlich das gefühl, dass eine grenze überschritten war. was wäre denn gewesen, wäre kein erwachsener dabei gewesen? was hätten sie denn noch gemacht? durch die mutter waren sie eingeschüchtert. und ohne?

da einer der jungs ein freund unseres sohnes war und ich mich super mit dessen mama verstand, wollte ich ihr gern davon berichten - mit dem ziel, dass sie den vorfall bei ihrem sohn mal anspricht. mit ihr kann ich da super drüber reden.  

und außerdem: in konfliktlösung hatte ich im studium eine 1. da war ich ganz vorn dabei. darin war ich gut. das kann ich. zumindest dachte ich das bisher.

also rief ich sie an.



klare Worte und die suche nach erklärungen


sie konnte es kaum glauben. ich hatte ein gutes gefühl, es einfach mal angesprochen zu haben, war nicht böse oder wütend, aber hab ihr trotzdem ernsthaft zu verstehen gegeben, dass solch ein verhalten für mich inakzeptabel und unverständlich ist.

der zerrissene pullover soll auch auf die rechnung des befreundeten jungen gehen - sie sagte, das wäre doof und geht überhaupt nicht und sie würden ihn natürlich ersetzen.

doch plötzlich änderte sich ihr ton und sie suchte nach erklärungen für das verhalten ihres sohnes. im letzten jahr hat mein sohn ja mal dies und das gemacht. und es gibt doch auch diesen 1 anderen jungen, der hat angst vor meinem sohn. und ob ich mich denn nicht daran erinnere, dass er ihre tochter auch schon mal geschubst hätte.

ich konnte es wieder nicht fassen. diese alten kamellen. das ist doch nicht ihr ernst. mein sohn ist mittlerweile über 1 jahr älter. reifer. gebildeter. auch ruhiger. 
der 1 junge, der so angst vor ihm hatte, ist heute ein freund. und auch ihre tochter läuft immer fröhlich strahlend auf ihn zu, wenn sie ihn sieht. 

und auch in diesem fall [du erinnerst dich an das kleine mädchen vom trampolin] -  beide jungs - der, der die blöden worte rief und mein sohn, spielen heute wieder schön miteinander.



das ende einer freundschaft


ABER: wir mamas haben keinen kontakt mehr.

fast täglich laufen wir uns über den weg und hielten vor dem vorfall eigentlich jedes mal an, um uns über gott und die welt auszutauschen. seit besagtem tag aber seh ich deutlich, wie schwer es ihr fällt, mir in die augen zu schauen, hallo zu sagen oder gar ein gespräch zu beginnen.
ich hab es einige mal probiert - bin immer freundlich und zeig ihr nicht, wie arg mich ihr verhalten und ihre reaktion verletzen.

1 einziges mal hielt sie noch an und wir kamen auf das thema zu sprechen. sie erzählte mir, wie erschüttert sie von meinen anschuldigungen gegenüber ihrem sohn war. so etwas macht ihr sohn nicht. und wenn, dann hat er sicher einen guten grund. ich solle doch nur dran denken, was mein sohn schon “alles” gemacht hat. die kinder vergessen sowas nicht.

ich dachte, ich sei im falschen film. so ein gemeiner quatsch!

welche anschuldigungen denn? es war doch die reine wahrheit! es war doch ein erwachsener dabei, der alles gesehen und gehört hat. ich denk mir sowas doch nicht aus. Mein Gott.



fokus auf den eigenen weg


aber ok, whatever - jeder hat doch seinen rucksack zu tragen. wahrscheinlich hat sie ganz andere themen zu bearbeiten, die viel schwerer wiegen, als der [für unsere jungs] längst vergessene konflikt.

uns mamas hat er gespalten, aber das ist für mich ok. menschen kommen, menschen gehen. sie schenken dir energie und sie können sie dir auch wieder nehmen. ich bin nun aber nicht mehr bereit, dieser geschichte noch mehr von meiner kostbaren kraft zu schenken, denn ich brauch sie für meinen eigenen rucksack.


ich find es unendlich schade, wie es gelaufen ist und hätte nie gedacht, dass es mal soweit kommen könnte. 

wie es ausschaut, ist es jetzt aus und vorbei.

 

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