wenn traurigkeit den tag bestimmt

mein leben mit depressiven episoden

die ersten sonnenstrahlen des tages erleuchten unser zuhause und kitzeln mein gesicht. unser sohn kam bereits am frühen morgen auf zehenspitzen in unser schlafzimmer gestapst und schlummert immer noch eingemummelt in unserer dicken decke ganz eng an seinen papa gekuschelt.

ich bin schon wach? aber warum denn jetzt schon?



mama ist die beste


“mama.”
“mama?”

meine kleine, schöne tochter steht in ihrem bettchen und ruft nach mir. das macht sie immer, wenn sie aufwacht. ich setz mich auf und schau, wie jeden morgen, kurz auf den see, der ganz friedlich vor unserem fenster glänzt. dann geh ich zu ihr rüber, lass den rolladen nach oben.
das tageslicht erhellt nun unsere gesamte wohnung. was für ein wundervolles zuhause wir haben. es geht uns so gut. unser leben hat sich nach all dem gegenwind, der uns in deutschland mit voller wucht ins gesicht blies, zum großen glück gewandt.



sonnenschein in der dunkelheit


ich kann das alles sehen. und fühlen. und ja, es freut mich auch, wenn die sonne scheint. licht ist leben. kraft und energie. das weiß ich spätestens, seitdem ich mal einige wochen im dunklen isländischen winter verbracht hab.

und doch … und doch liegt ein unsichtbarer schleier über meinem herzen. ein schleier, der manchmal so schwer ist, dass ich das glück des lebens nicht mehr spüren kann.
ich wache am morgen auf und das gewicht drückt so stark auf meine brust, dass ich kaum aufstehen kann.



es kommt in wellen


ich lebe seit knapp 3 jahren mit depressionen.
besser gesagt: mit depressiven episoden.

sie kommen und sie gehen auch wieder. wie die wellen am meer. mal stärker, mal weniger schlimm. manchmal muss ich sie über mehrere wochen oder monate ertragen, in anderen zeiten dauern sie nur ein paar tage.

als erste hat meine ärztin in deutschland vor 3 jahren erkannt, dass meine seele nicht komplett frei ist. dass irgendwas mein gefühl trübt.


 

wie konnte es soweit kommen?


es gab damals einen trigger, ein ereignis, welches mich so aus der bahn warf, dass ich den glauben an das gute im menschen und die welt verlor.
ich war konfrontiert mit ungerechtigkeit. bodenloser ungerechtigkeit. und das ist etwas, womit ich einfach überhaupt nicht klar kam [und auch heut noch nicht klar komm].

es war corona und home-office-zeit. ich war grad ein halbes jahr aus meiner elternzeit zurück im job und merkte, dass ich ein bisschen was an meiner arbeitszeit drehen muss, damit ich meinen sohn jeden tag pünktlich aus der kita holen konnte. die einrichtung schloss um 4.30 uhr, also musste ich spätestens um 4 los.


die kernarbeitszeit in meinem team lag zu dem zeitpunkt bei 9 - 18 uhr.

ich mochte meinen job und meine aufgaben sehr gern und wollte auch weiterhin vollzeit arbeiten und in 40 h pro woche alles geben. ich konnte es nur nicht mehr bis 18 uhr. da mein alter arbeitgeber sooo flexibel war, switchte ich um 2 stunden nach vorn und arbeitete ab 7 uhr bis nachmittags um 4. nach wie vor 40 h und am morgen kann man echt viel schaffen, wenn die kunden selbst noch nicht aktiv sind.



harte arbeit wird belohnt


nun ging es um meine lang ersehnte promotion zum team lead. davon hatte ich seit meinem einstieg im start-up geträumt. es war soweit auch alles geklärt. bis zu dem einen tag, der für mich alles veränderte.

ich saß zuhause vor dem pc und erhielt einen call von meinen teamleiter. am anfang viel freundliches bla bla und wie geht’s dem baby. doch dann kam er zum punkt: er meinte, er würde gern nochmal mit mir über die beförderung reden.

“du franzi, wir haben intern nochmal über dich gesprochen. und es ist jetzt einfach so: wir können dir die neue position nicht geben. wenn du unsere kernarbeitszeit von 9-18 uhr nicht abdecken kannst, dann kannst du einfach nicht für die kunden da sein. das geht nicht. aber wir wollen dich natürlich unbedingt im team halten.”



wtf!?


in den momenten, in denen er die worte aussprach, starb ein teil von mir. ich begann zu zittern und versuchte, die tränen, die sich ihren weg bahnen wollten, wieder zurückzudrücken. zeig ihm bloß nicht, was du gerade fühlst! bleib stark! es ist bald vorbei.

was er alles noch sagte, ich kann mich kaum erinnern. sicher tausend entschuldigungen und einfach viel sinnloses bla bla. als die tortur endlich vorüber war, rief ich meinen mann an. er war zu der zeit bereits in der schweiz. meine tränen liefen in bächen und ich schrie ihn an. die emotionen mussten raus. und er hörte sich alles an. ganz ruhig.



ich war frei - oder doch nicht?


als ich fertig war, sagte er zu mir: “schatz, geh eine runde spazieren. es wird alles gut werden. du bist frei.”

ich sollte erst ein paar wochen später verstehen, wovon er sprach ...

 

lang, lang ist’s her


ich schreib diese worte jetzt, 2 jahre und 7 monate nach diesem gespräch, und auch heute muss ich die tränen zurückhalten. um meine brust zieht sich ein unsichtbares band immer weiter zu. es nimmt mir fast die luft zum atmen. und wieder ist sie da - diese unendliche traurigkeit. es schockiert mich nach wie vor. ich kann es noch immer nicht glauben. so eine ungerechtigkeit.


mom boss


kinder und karriere - das ist möglich. für manche frauen bestimmt. nicht für mich. ich hab es nicht geschafft. nicht in deutschland. die opfer, die ich dafür hätte bringen müssen, sind waren einfach zu groß. sie waren es mir nicht wert. ich hab so viel probiert, ich hab alles gegeben für diesen job. für dieses - wie ich dachte - coole unternehmen. doch 2 männer, 1 davon fast 10 jahre jünger als ich und ungebunden, haben mir alle freude an meiner arbeit genommen. alle freude, ein teil dieses teams zu sein.

ich erfuhr ungefähr 1 jahr später, dass es mittlerweile einen neuen team lead gab. eine junge mama, die ich zu beginn persönlich eingearbeitet hatte. wenn sie bis 18 uhr arbeitet und ihr kind dafür nur 1-2 h am tag sieht und das für sie ok ist, dann gut. wenn sie aber kürzer arbeitet und den job trotzdem bekommen hat … ach, ich will es gar nicht wissen. und ich weiß es auch nicht.



was hab ich falsch gemacht?


wie oft ich darüber nachgegrübelt hab, was ich falsch gemacht hab. ich kann es nicht sagen. wie oft ich den fehler bei mir gesucht hab. unglaublich.

mein grübeln und all das negative denken sind ganz symptomatisch für betroffene. und es ist auch gar nicht so einfach, herauszufinden, warum jemand depressiv wird und andere menschen nicht.


 

ehrlich währt am längsten


schade find ich oft das unverständnis der menschen um mich herum. ich mein, es ist heute bei weitem nicht mehr so schlimm, wie noch vor ein paar jahren. heute spiel ich mit offenen karten. wenn jemand mich fragt, ob es mir nicht gut geht, erzähl ich, was mir fehlt. und dass es überhaupt nix mit meinem gegenüber zu tun hat und dass es mir auch bald wieder besser gehen wird. es ist immer nur eine phase.

aber warum bekommen denn manche menschen depressionen und wie kann man sie erkennen?


ursachen
Ursachen von Depressionen

Quelle: Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Ursachen und Auslöser Depression
[https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/ursachen-und-ausloeser]



symptome
  • vermindertes selbstwertgefühl und selbstvertrauen
  • verminderte konzentration und aufmerksamkeit
  • gefühle von schuld und wertlosigkeit
  • übertriebene zukunftsängste oder “schwarzmalen”
  • schlafstörungen
  • verminderter appetit
  • negative gedanken
  • antriebslosigkeit
  • “schlechte laune”


besser spät als nie


mein fall ist wahrscheinlich ein paradebeispiel für das zusammenspiel verschiedener unglücklicher umstände. ich glaub, es hat sich schon lange angekündigt und vielleicht hätte ich schon vor vielen jahren reagieren müssen.

sensibel war ich schon immer. ich hab ja schon in meinem artikel “
mental load.” geschrieben, wie ich mein ganzes leben lang schon alles super persönlich nehme. es ist echt grausam. ein richtiger teufelskreis. meine depression, zum beipsiel, wurde und wird getriggert durch:

  • die trennung meiner eltern
  • die traumatische geburt meines 1. kindes und die erste zeit danach
  • viele jahre in zukunftslosen, teilweise toxischen beziehungen
  • ungerechtigkeit im job, meiner alten firma
  • verlust von freundschaften aufgrund von missverständnissen


um hilfe zu bitten, ist keine schande


ich hab einen großen schritt gewagt und mir einen weg raus aus meiner depression gesucht. oder sagen wir mal so: ich hab jemanden gefunden, der mich nicht verurteilt. jemanden, der mir hilft, mein leben zu verstehen und mit meiner traurigkeit umzugehen. es ist toll. es hilft. und trotzdem holt es mich immer wieder ein. es tut weh. so ist das leider mit depressiven episoden. sie sind wie die wellen am meer.

wenn du wissen willst, was ich tu, um trotz meiner negativen gedanken auf der sonnenseite des lebens zu sein, dann meld dich für meinen newsletter an und hol dir mein e-book “in 10 schritten zu neuer energie für dein leben” und bleib dran! denn bald kommt ein weiterer artikel zum thema.

und, wenn auch du schon eine ganze weile mit dir kämpfst und die last auf deinen schultern und deiner seele dich manchmal fast erdrückt, dann schäm dich nicht. vertrau dich jemandem an. wenn es nicht dein partner sein soll, dann gern freunde, eltern oder ganz einfach ein arzt, dem du vertraust. es ist eigentlich ganz egal, hauptsache, du machst es nicht mit dir allein aus.
manche dinge kann man nur von außen betrachten und beurteilen. und lösen.



ende gut, alles gut


wenige wochen nach meinem lebensverändernden call bekam ich eine nachricht, die mich wieder hoffen ließ: ich war schwanger mit unserem 2. kind.

meine ärztin, die um meinen zustand wusste, zögerte keinen moment und nahm mich sofort ins beschäftigungsverbot. ich musste nicht mehr für die leute arbeiten, die mich nicht zu schätzen wussten. endlich war ich frei. 


doch die wellen begleiten mich ein leben lang. ich muss nur lernen, auf ihnen zu surfen.

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